Soziale Landwirtschaft in Europa

Soziale Landwirtschaft in Deutschland ist bisher durch auf bestimmte Zielgruppen spezialisierte Höfe geprägt: „Grüne Bereiche“ von Behindertenwerkstätten, Höfe anthroposophischer Lebens- und Arbeitsgemeinschaften sowie Schulbauernhöfe , die in der Bundesarbeitsgemeinschaft Lernort Bauernhof (BAGLoB) organisiert sind. Weiter existieren auf Suchthilfe, Resozialisierung und Langzeitarbeitslose spezialisierte Betriebe. Im Zuge der Forderung nach Inklusion nimmt das Interesse an Angeboten für Menschen mit besonderen Bedürfnissen in der Landwirtschaft zu.

Viele Initiativen der Sozialen Landwirtschaft sind durch großes Engagement trotz widriger finanzieller Rahmenbedingungen entstanden, obgleich sie Musterbeispiele einer multifunktional verstandenen Landwirtschaft sind, die zur Entwicklung ländlicher Räume, von Landschaften und regionalen Netzwerken beitragen.

In den neuen Bundesländern gehen Initiativen zur Gründung einer Sozialen Landwirtschaft überwiegend von Sozialen Trägern und Initiativen aus, die in diesem Zuge Landwirtschaft „neu erfinden“. Ähnlich ist die Situation in osteuropäischen Ländern mit postsozialistischer Großflächen-Landwirtschaft

2004 gründete sich die europäische Arbeitsgemeinschaft Farming for Health, aus der mehrere europäische Projekte hervorgegangen sind: die COST-Action Green Care in Agriculture, das Projekt SoFar (Soziale Leistungen multifunktionaler Höfe) sowie mehrere EU-Projekte, die die Aus- und Weiterbildung in der Sozialen Landwirtschaft zum Ziel hatten (DIANA, MAIE, INCLUFAR, PROFARM und GARDENISER pro). Der internationale Austausch auf Tagungen in ganz Europa zeigt: Der Entwicklungsstand Sozialer Landwirtschaft ist in den Ländern Europas unterschiedlich, und in manch anderem Land in Europa sind Teilbereiche weiter entwickelt als in Deutschland:

  • In den Niederlanden arbeiten, unterstützt von Politik und Bauernorganisationen, hunderte Zorgboerderijen (Pflegebauernhöfe), auf denen landwirtschaftliche Aktivitäten therapeutischen Zwecken dienen. Die Arbeit der Pflegehöfe gilt als Gesundheitsvorsorge, die gesellschaftliche Kosten für Therapien reduzieren hilft.
  • In Norwegen, wo nur in räumlich begrenzten Gunstlagen landwirtschaftliche Produktion zu Weltmarktpreisen möglich ist, erkannten Politik und Regierung die Potenziale Sozialer Arbeit zur Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe; es entstanden innovative Projekte zur Integration Langzeitarbeitsloser, für Demenzkranke und im pädagogischen Bereich.
  • In Italien wird die Agricoltura Sociale vor allem von meist ökologisch wirtschaftenden Sozialgenossenschaften getragen. Eine sozial motivierte Bewegung initiierte die Wiederinbetriebnahme bereits aufgegebener Höfe in ertragsschwachen Gebieten. Zahlreiche Gefängnisse unterhalten eigene Gartenbau- und Landwirtschaftsbereiche zur Resozialisierung Strafgefangener. Mittlerweile gibt es eine eigene Gesetzbebung zur Förderung Sozialer Landwirtschaft sowie das 2011 gegründete Forum Nazionale Agricoltura Sociale.

In der Schweiz und in Österreich wird über verschiedene Projekte die Diversifizierung von Landwirtschaftsbetrieben durch Schaffung von Angeboten im Bereich Green Care gefördert. Hier tritt der Aspekt der Sozialen Arbeit in den Hintergrund, die Übergänge therapeutisch, pädagogisch und touristisch motivierter Aktivitäten werden fließend; es besteht kein Schwerpunkt auf ökologischen Wirtschaftsweisen

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