EIP-Agri

Europäische Innovationspartnerschaft "Landwirtschaftliche Produktion und Nachhaltigkeit" 

Mehrwerte Sozialer Landwirtschaft für die landwirtschaftliche Erzeugung (2018 - 2020)

Der EIP-Flyer zum Projekt kann hier heruntergeladen werden.

 

Ausgangssituation und Bedarf

Soziale Landwirtschaft ist die Verbindung von landwirtschaftlicher Erzeugung mit sozialer und pädagogischer Arbeit; sie verknüpft multifunktionale Landwirtschaft und Sozial- bzw. Gesundheitsdienstleistungen auf lokaler Ebene Landwirtschafts-, Gartenbau- und Forstbetriebe sowie der Garten- und Landschaftsbau dienen als Orte zur Gesundheitsförderung, zur Resozialisierung, als therapeutisch wirksames Setting und als Lernort für landwirtschaftsfremde Menschen. Menschen mit geistigen und psychischen Einschränkungen, Suchtkranke, Strafgefangene, schulmüde Jugendliche, Migranten, Langzeitarbeitslose, Demenzkranke, Schüler, Kindergartenkinder und aktive Senioren sind Zielgruppen der Sozialen Landwirtschaft. Während im europäischen Ausland Soziale Landwirtschaft als Möglichkeit zur Gesundheitsförderung  zunehmend wertgeschätzt und gefördert wird, gibt es in Deutschland Nachholbedarf. In einigen Bundesländern wurde die Möglichkeit zur Existenzsicherung landwirtschaftlicher Betriebe erkannt und wird unter dem Aspekt Einkommensdiversifizierung gefördert. Erzeugen soziale Arbeitsfelder auf dem Hof darüber hinaus Mehrwerte für die landwirtschaftliche Erzeugung?

Konkrete Aufgabenstellung und Projektziele

Im Rahmen des EIP-Projekts „Mehrwerte Sozialer Landwirtschaft für die landwirtschaftliche Erzeugung“ hat eine Operationelle Gruppe (OG) aus Erzeuger*innen, die bereits unterschiedliche Zielgruppen auf Höfen integrieren, sowie aus Beratung und Wissenschaft das Potenzial Sozialer Landwirtschaft für die Entwicklung landwirtschaftlicher Betriebe in Hessen untersucht. Ausgangsfragen waren: Wie lässt sich die Einbeziehung sozialer Arbeit so gestalten, dass ein Mehrwert für den Landwirtschaftsbetrieb und seine Erzeugung entsteht? Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, wie müssen Rahmenbedingungen gestaltet sein, welche Beratungsbedarfe gibt es? Welche Zielgruppen Sozialer Landwirtschaft lassen sich in welche Betriebszweige einbeziehen, und welche positiven Einflüsse auf die Erzeugung der Betriebe lassen sich jeweils generieren? Welche weiteren Potenziale können Bauernhöfe durch die Einbeziehung Sozialer Arbeit entfalten – für die Erzeugung und Diversifizierung des Betriebes, aber auch in Bezug auf weitere Funktionen im ländlichen Raum, etwa für die Erhaltung und Pflege der Kulturlandschaft?

Umsetzung und Ergebnisse

Aufbauend auf die Vorstudie „Soziale Landwirtschaft in Hessen“ wurde eine landesweite Online-Umfrage zu Entwicklungsperspektiven und Fördermöglichkeiten Sozialer Landwirtschaft in Hessen durchgeführt, an der 23 aktive und 30 interessierte Betriebe sowie 22 aktive und zwei interessierte Organisationen teilnahmen.  Es existiert eine große Vielfalt an Zielgruppen, die aktuell auf Höfen der Sozialen Landwirtschaft tätig sind oder an deren Einbeziehung Interesse besteht. Tätigkeitsbereiche sind in vielen Bereichen landwirtschaftlicher Erzeugung angesiedelt, am häufigsten in der Tierhaltung; hoch technisierte Bereiche wie Acker– und Futterbau sind weniger vertreten als Gemüse– und Obstbau sowie Garten– und Landschaftsbau. Dabei kann Soziale Landwirtschaft eine Diversifizierung ermöglichen und die Produktpalette erweitern. 

Die acht am Projekt mitwirkenden Höfe repräsentieren unterschiedliche Ansätze und Formen Sozialer Landwirtschaft in Hessen und arbeiten mit unterschiedlichen Zielgruppen, für die der landwirtschaftliche Betrieb geeignet ist als Feld der Beschäftigung, der Arbeit, der Betreuung und als Wohnort. Den Landwirtschaftsbetrieb macht vor allem die Vielfalt möglicher handarbeitsintensiver Tätigkeiten zu einem geeigneten Arbeitsort. Je höher der Technisierungsgrad, desto geringer ist die Beschäftigungsmöglichkeit landwirtschaftsfremder Zielgruppen. Menschen, die sich sonst im Leben oft nur als Hilfeempfänger erleben, finden Arbeitsfelder, in denen sie ihren Fähigkeiten gemäßen Aktivitäten nachgehen, die einen Mosaikstein zum Wirtschaften des Gesamtbetriebs leisten und Mehrwerte für die landwirtschaftliche Erzeugung von Anhang-I-Produkten bewirken.

Die am Projekt beteiligten Partnerbetriebe wurden in Bezug auf Entwicklungshemmnisse und –potenziale hin untersucht und begleitet  Zusammen mit dem Beratungsteam Erwerbskombinationen des LLH wurden Beratungsstrategien am Beispiel der beteiligten Höfe erprobt und entwickelt.

Weiter wurden Aus- und Weiterbildungsinhalte für einen Einsteigerkurs Soziale Landwirtschaft:erarbeitet, der sich insbesondere an Landwirte, die ihren Hof im Sinnes eines Social Entrepreneurship durch Soziale Landwirtschaft erweitern wollen, richtet. Im Winter 2019/20 fand erfolgreich ein Testlauf des Kursangebots statt. Im Rahmen des Wissenstransfers wurden zwei gut besuchte Tagungen durchgeführt und über das Projekt auf der Website www.soziale-landwirtschaft.de, im Rundbrief Soziale Landwirtschaft und auf Tagungen berichtet. Zum Projektende wurden im Rahmen eines interministeriellen Runden Tisches in Wiesbaden Handlungsbedarfe zur Förderung der Entwicklung Sozialer Landwirtschaft in Hessen diskutiert.

Empfehlungen für die Praxis

Soziale Landwirtschaft ist ein Weg, mehr Menschen an der Landwirtschaft teilhaben zu lassen und diese über die Erzeugung von Lebensmitteln hinaus „multifunktional“ zu entwickeln. Die Inklusion landwirtschaftsfremder Menschen durch Soziale Landwirtschaft kann Mehrwerte erzeugen – für den Landwirtschaftsbetrieb, der sich diversifiziert und handarbeitsintensive Arbeitsfelder ausbaut, für die einbezogenen Menschen, die sinnerfüllte Arbeit mit Pflanzen, Tieren und dem Boden erleben, für die sozialen Organisationen eine Erweiterung ihres Angebotsspektrums, für das Gesundheits- und Sozialwesen, indem durch eine an salutogenetischen Prozessen orientierte Prävention langfristig Kosten für die Gesellschaft gespart werden, für den ländlichen Raum, in dem neue Arbeitsplätze und eine gemeinwohlorientierte Infrastruktur z.B. durch Hofläden entstehen, für die Natur, indem „helfende Hände“ eine umweltgerechte Bewirtschaftung, eine Orientierung am Tierwohl sowie Pflege und Entwicklung der Kulturlandschaft ermöglichen, für den Staat – Gesundheitsprävention durch Soziale Landwirtschaft ist kostengünstiger als teure Therapien zur Nachsorge.

Für den Start einer Sozialen Landwirtschaft braucht es eine gute Beratung und ein Betriebskonzept, Kooperationspartner (z.B. soziale Träger), Klarheit über die Eignung des Betriebes für verschiedene Zielgruppen und erforderliche Qualifikationen. Das Bundesteilhabegesetz strebt an, das Spektrum an Anbietern sozialer Angebote zu erhöhen. Eine Kooperation mit sozialen Trägern auf Augenhöhe ermöglicht es schon heute, Arbeitsplätze für Menschen mit Assistenzbedarf in der Landwirtschaft zu schaffen.

 

Offizielles Merkblatt des Projekts

 

Rundbrief

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